"Der Weg ins All ist schwierig.
Um welchen Preis er begangen werden muss,
wird einem erst bei traurigen Ereignissen bewusst."
Sowjetische Zeitung zur SOJUS
1-Tragödie
"Das Sterben dieser Männer erlegt
uns die Pflicht auf,
ohne Zögern weiterzumachen und sicherzustellen,
dass sie nicht umsonst in den Tod gegangen sind.
Wir wissen, daß sie nichts anderes von uns erwarten,
denn sie selbst haben oft betont,
dass die Erforschung des Weltalls eine Aufgabe darstellt,
für die sich der Einsatz des Lebens lohnt."
Wernher von Braun zur APOLLO
1-Tragödie
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Das Jahr 1967 beginnt mit dem ersten schweren Schicksalsschlag
für die amerikanische Weltraumforschung.
Die für den ersten APOLLO-Flug ausgewählten
Astronauten Roger Chaffee, Virgil "Gus" Grissom und Ed White verbrennen
am 27. Januar bei einer Übung im Testlabor. Sie befinden
sich in der Kapsel, als durch eine fehlerhafte Leitung ein Zündfunke
entsteht, der das Raumschiff in Brand setzt.
Das Begleitteam muss hilflos mitansehen, wie die Kapsel ausglüht.
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Abb.22-2b
Emblem |
Abb. 22
APOLLO 1
(Links zu Medien)
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Abb. 22-2 a
ausgebrannte
APOLLO-Kapsel
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NASA-Direktor James Webb äußert
sich später dazu so:
"Obwohl es jedermann klar war, dass eines
Tages Raumpiloten sterben würden, hätte niemand gedacht,
dass sich die erste Tragödie dieser Art auf der Erde abspielen
würde."
und Wernher v. Braun:
"Wir alle, die wir am SATURN-APOLLO-Programm
arbeiten, haben gute Freunde und tapfere Pioniere der Erforschung
des Weltalls verloren."
Fahrlässigkeit, Gleichgültigkeit und Schlamperei,
so heißt es später im abschließenden Untersuchungsbericht,
haben das Leben von drei Astronauten verschuldet.
Das Unglück wirft die NASA in ihrem Zeitplan
um mehr als ein Jahr zurück.
Im Rahmen der damit zusammenhängenden verschärften Überprüfungen
der bestehenden Hard- und Software verwerfen die Amerikaner die
BLOCK-1-CSM-Raumschiffsversion.
Das wiederum bestärkt die
sowjetischen Techniker in dem Glauben, Eile mit ihren eigenen
Mondprojekten sei nicht nötig.
OKB-1, nun unter Mischins Leitung, folgt den Zukunftsvisionen
des verstorbenen Sergej Koroljow und plant neue N1-Trägerversionen
mit Flüssigbrennstoffen (H2/O2) in
den oberen Triebwerksstufen ...
Das würde nämlich eine dreiköpfige Crew in einem
SOJUS-LOK -Raumschiff erlauben!
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Wir
erinnern an die ZVESDA-Mondbasis-Studien
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Ein von der Regierung genehmigter
Projektplan datiert die erste Mondlandung nun auf das Ende des
nächsten Jahres- also vor den Amerikanern! Der erste N1-Start
soll im März 1968 erfolgen.
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Und wie steht es um das Mondorbitprogramm
L-1?
Der erste bemannte L-1-Mondumflug wird gar
für den Juni dieses Jahres anberaumt! Chefingenieur Juri
Semjonow hat gute Arbeit geleistet:
Im Januar ist die L-1-Mondorbitversion des SOJUS-Schiffes startbereit.
Auch die nun vierstufige Version der PROTON-Trägerrakete
hat die Bodentests erfolgreich überstanden. Fliegend ist
bisher nur die ursprüngliche zweistufige
Variante erprobt worden.
Mindestens fünfzehn L-1-Raumschiffe hat
man insgesamt gebaut, davon sind nur zwei für bemannte Flüge
ausgelegt, die anderen sind ausschließlich mit verschiedenen
Experimenten und biologischen Proben ausgestattet.
Ein Hinweis darauf, dass der Hauptzweck des L-1-Programms Hardwaretests
für die späteren bemannten Mondflüge gewesen sind
und die beiden bemannten Flüge nur der Propaganda dienen
sollten.
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Tatsächlich wird im März 1967 KOSMOS
146 gestartet.
Hinter dem Decknamen verbirgt sich der erste
L-1-Hardwaretest:
Die L-1-BLOCK-D-Kombination
wird in eine hohe elliptische Erdumlaufbahn geschossen. Das BLOCK-D-Triebwerk
funktioniert weisungsgemäß, es beschleunigt das L-1-Raumschiff
in eine "translunare" Bahn.
Um die Weltöffentlichkeit über den wahren Zweck des
Fluges zu täuschen, fliegt das Raumschiff jedoch nicht zum
Mond, sondern in die entgegengesetzte Richtung, angeblich zum
Mars! Zur Erde zurückkehren wird es nicht, dies ist auch
nicht beabsichtigt gewesen.
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Abb. 22-3
SOND 2 - ein L1-Raumschiff
(getarnt als KOSMOS
146)
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Am 08. April folgt KOSMOS
154, ein Fehlschlag:
Im Erdorbit angelangt, zündet wegen einer Leckage
in den Kleinsttriebwerken - die die Treibstoffversorgung
öffnen sollen, bevor die Zündung des Haupttriebwerks
einsetzt - das BLOCK D-Triebwerk
nicht. Zwei Tage später verglüht das L-1-Raumschiff
in der Erdatmosphäre.
Doch dies ist nur der Beginn einer kommenden Apokalypse
für die sowjetische Weltraumfahrt ...
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Das Herzstück des sowjetischen Raumfahrtprogramms ist das
SOJUS-Raumschiff.
Wie sein amerikanisches Gegenstück APOLLO-CSM
ist es weiter entwickelt als alle anderen Bestandteile des Programms.
Mit ihm können Andockmanöver absolviert, wochenlange
Missionen durchgeführt, der Orbit kann gewechselt werden,
mit den LOK-,
bzw. L-1-Varianten
können Kosmonauten sogar zum Mond fliegen!
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Das Basismodell soll mit dem SOJUS-Booster,
der Nachfolgekonstruktion der verlässlichen R7-Trägerrakete,
zur Einübung von Rendezvoustechniken ins All geschossen werden. |
Abb. 22-4
SOJUS-Booster
beim Start
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Doch wie bei der APOLLO-Kapsel
gibt es Entwicklungsprobleme, hinkt die Realität dem Fahrplan
hinterher. Pannen sind bei den ersten drei unbemannten SOJUS-Testflügen
zwischen November 1966 und Februar 1967 aufgetreten!
Was soll Wassili Mischin tun?
Die Vernunft würde zum geduldigen Verbessern der Fehlerursachen
raten?
Doch dazu ist keine Zeit; denn die politische Führung drängt.
Im November steht der 50. Jahrestag der Bolschewistischen Revolution
an.
Wir erinnern uns:
Ihr und dem Kommunismus zu Ehren, der anderen Welt zum ehrfürchtigen
Erstaunen vor dem erneuten Sieg der Sowjetunion im Weltraum, soll
dann ein L-1-Kosmonaut den Staatspräsidenten
aus dem Mondorbit grüßen ...
Leonid Breschnew
ordnet deshalb von oben für den April die erste bemannte
SOJUS-Mission als Andockmanöver
von SOJUS 1 & 2
an.
Der Hintergrund ist eindeutig:
Neben der Erprobung des Rendezvous der neuen Raumschiffserie soll
der neue lunare Raumanzug bei einem Ausstieg getestet werden.
Der erfolgreiche KOSMOS
146-Flug im März lässt
Hoffnung aufkommen, der Fahrplan könne eingehalten werden,
das KOSMOS 154-Desaster
Anfang April dagegen größte Befürchtungen aufkommen.
Wir schreiben den 23. April 1967 ...
Ein sichtlich angespannter Kosmonaut Wladimir
Komarow besteigt die SOJUS-1
Kapsel, beobachtet von seinem Ersatzmann Juri
Gagarin.
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Abb. 22-5
†
Wladimir Komarow †
16.3. 1927 - 24.4. 1967
(gestorben in SOJUS 1)
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Nicht weniger als 203 Fehler sind bei den abschließenden
Tests vor dem Start von SOJUS 1 aufgetreten
- zwar sind alle behoben worden, doch man macht sich als Raumpilot
seine eigenen Gedanken darüber!
Auch nach dem Start folgt ein Problem dem nächsten:
Eines der beiden Sonnensegel klappt nicht aus, dadurch verschiebt
sich der Schwerpunkt des Raumschiffs, es beginnt wild umherzutorkeln,
der Kosmonaut bekommt es nicht mehr unter Kontrolle. Der für
wenige Stunden später geplante Start von SOJUS
2 mit drei Kosmonauten an Bord wird von der Bodenstation
sofort abgesagt.
Nach einem Tag wird Komarow zurückgerufen, nunmehr an Bord
der Wiedereintrittskapsel,
die vom BLOCK-D-Triebwerk und dem
Steuerungsmodul getrennt und zur Erde zurückbeschleunigt
worden ist.
Nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre beginnt die
Kapsel um die Längsachse zu rotieren.
Der Bremsfallschirm wird automatisch und vorschriftsmäßig
ausgeworfen und die Leinen verdrehen sich durch die Drehung der
Kapsel um ihre eigene Achse.
Der Fallschirm kann sich nicht vollständig öffnen.
Die Kapsel schlägt auf den kasachischen Steppenboden. mit
einer Geschwindigkeit von ca. 600 km/h auf.
Wladimir Komarow ist tot.
Der Pilot hat keinerlei Überlebenschance gehabt; denn auf
einen Schleudersitz hat man bei der SOJUS-Baureihe
verzichtet.
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Abb. 22-6
Überreste
der mit Wladimir Komarow
am Boden zerschellten SOJUS
1 - Rückkehrkapsel
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An der Aufschlagstelle wird ein Gedächtnisstein aufgestellt.
Die Meldung vom Tod des Kosmonauten wird von der sowjetischen
Bevölkerung zunächst nicht geglaubt. Von der eigenen
Erfolgspropaganda geschult, vertraut man eher den Gerüchten,
die behaupten, Komarow habe in Bulgarien oder Deutschland notlanden
müssen.
Erst das für Wladimir Komarow angesetzte Staatsbegräbnis
überzeugt die Menschen.
Komarows Urne wird an der Kremlmauer hinter dem Lenin-Mausoleum
beigesetzt.
Die gesamte Weltöffentlichkeit nimmt daran großen Anteil.
Innerhalb von 14 Monaten ist der vierte Raumpilot durch technisches
Versagen umgekommen.
Nach den schweren Unfällen
gerät die Raumfahrt generell in eine Krise, im Westen wie
im Osten.
Der bis dahin schwerste Rückschlag der
sowjetischen Weltraumfahrt führt zu einem anderthalbjährigen
Stop bemannter Starts.
Die Rückkehrkapsel des SOJUS-Raumschiffes
erhält zusätzliche seitliche Triebwerke und einen Reservefallschirm,
um ein solches Unglück in der Zukunft unmöglich zu machen.
Inwieweit dies ausschließlich mit dem SOJUS
1-Unglück oder mit dem in Verzug geratenen Mondprogramm
zu tun hat, wissen selbst die Beteiligten heute nicht genau.
Tatsache ist jedoch: das Programm "Frauen
im Weltraum" wird eingestellt. Das Team um Walentina Tereschkowa-Nikolajewa
ist erschüttert, jahrelang haben sie trainiert, ein Drei-Frauen-Flug
mit Ausstieg in den Weltraum hat kurz vor dem Start gestanden!
Auch das L-1-Programm
ist von dem Schock betroffen.
Bevorstehende Starts werden ausgesetzt - auch weil die PROTON-Trägerrakete
noch Probleme bereitet. Das ursprüngliche Ziel eines Mondumfluges
um den 27. Oktober herum muss daher verworfen werden.
Die politische Führung mag wenig über
den mageren Ersatz jubeln,
den ihr die Raumfahrtoberen bieten können:
Eine Wiederholung der für den April geplanten SOJUS-1
& -2-Kopplung mit zwei unbemannten SOJUS-Schiffen,
immerhin perfekt abgelaufen, als KOSMOS-186
& -188-Manöver in den Archiven vermerkt.
Inzwischen hat sich der
Kreml bzgl des Mondprogramms eines anderen besonnen:
Er mahnt wieder zur Eile.
Was ist geschehen?
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Im November starten die Amerikaner APOLLO
4; die unbemannte Mission ist der erste Flugtest
der kompletten SATURN V-Trägerrakete
- erfolgreich!
(Links zu Medien)
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Abb. 22-7
APOLLO 4
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Ob die Sowjets
schon ahnen, dass sie im Wettlauf zum Mond unterliegen würden?
Tatsache ist, dass die führenden Personen drängen
und drängen und drängen ...
und dass sich in den Jahren 1967 und 1968 die Hauptkonzentration
vom N1-L3-Mondlandeprojekt auf das L-1-Mondumflugprogramm verschiebt.
Ob die Wissenschaftler ahnen, dass die Amerikaner als erste den
Mond betreten würden, dass sie aber noch alles versuchen,
damit die UdSSR wenigstens als erste Nation einen Kosmonauten
in einen Mondorbit schicken würde...
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damit
würde der US-Erfolg wenigstens etwas verblassen ...
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Inhalt Letztes Update dieser Seite am 04.04.2004
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